Otter allgemein -speziell: der Seeotter,
Enhydra lutris
Otter sind Säugetiere
(Klasse: Mammalia) und gehören zur Ordnung der Carnivora, Familie der
Mustelidae (Marderartige). Sie bilden die Unterfamilie der Lutrinae
(Otter), die 13 Arten (9-19 je nach Autor) umfaßt.
Nur eine Art, der
Seeotter (Enhydra lutris) wird als aquatisch angesehen und lebt
küstennah im Pazifik (Kurilen, Kamchatka, Aleuten, Alaska und südlich bis
Californien).
Alle anderen Otter werden als semiaquatisch eingestuft,
da sie sowohl im Wasser als auch an Land leben.
Otter sind sehr gut an das Leben im Wasser angepaßt. Der Sehsinn ist in diesem Milieu am wichtigsten, gefolgt vom Tastsinn. Für den Tastsinn sind die Vibrissen an Kopf und Vorderpfoten von enormer Bedeutung. Eine Sonarortung, wie bei einigen Cetaceen ausgebildet, besitzen Otter nicht. Der wichtigste Sinn an Land ist der Geruchsinn (gut ausgeprägte Nasenmuscheln; Markierungsverhalten mit Hilfe des Analdrüsensekretes), gefolgt vom Gehör und dem Sehsinn. Seeotter, die die meiste Zeit im Wasser verbringen wo Territorialmarkierung keine Rolle spielt, besitzen keine Analdrüsen! Dafür sind ihre Lungen 2,5 mal größer als die von Landsäugetieren gleicher Körpergröße (Sauerstoffaufnahme- kapazität erhöht). Die Luftwege sind bis hin zu den Alveolarsäckchen durch knorpelige Anteile verstärkt (wie bei Cetaceen und Pinnepiden). Nur deshalb sind sie in der Lage lange Tauchgänge bis in 100m Tiefe zu unternehmen, ohne daß sie Sauerstoffmangel erleiden bzw. ihre Lungen kollabieren. Die Nieren der Otter weisen eine Läppchenbildung auf (Seeotter 106 Lobuli, andere Otterarten weniger), ebenso wie die der Pinnepiden und Cetaceen (= viel stärker gelappt). Es handelt sich somit um zusammengesetzte, also echte Renculinieren !
Der Körperform ist wie bei den Pinnepiden und Cetaceen hydrodynamisch. Im Gegensatz zu diesen beiden marinen Säugern besitzen Otter jedoch keine isolierende Fettschicht, sondern ein extrem gut isolierendes Fell (50.000 bis 100.000 Haare/cm2) mit einem Luftpolster, das durch stetiges Pflegen (grooming) immer wieder erneuert werden muß. Dies, sowie ein enorm hoher Metabolismus (Seeotter: 3x höher als Landsäugetiere; Darmpassage ca. 3h; Futtermenge 23-33% des KGWs/Tag) ermöglichen es dem Seeotter auch ohne Fettschicht seine Körperinnentemperatur von ca. 38°C aufrecht zu halten (Thermoregulation). Eine anatomische Besonderheit des Seeotters stellen seine Hintergliedmaßen dar, die sich durch Verlängerung des äußeren 5. Zehs und der Ausbildung von Schwimmhäuten bis hin zur Zehenspitze zu einer Art Flipper entwickelt haben. Alle anderen Otterarten weisen meist mehr oder weniger stark ausgebildete Schwimmhäute im Bereich der Pfoten auf.
Seeotter sind - wie
viele andere Otterarten auch - eigentlich Einzelgänger. Sie bilden jedoch
zum Rasten in Küstennähe oder an Land lockere Zusammenschlüsse (Gruppen, "rafts")
von Männchen bzw. Weibchen oder Weibchen mit Jungen. Dies Verhalten könnte
dem Schutz vor natürlichen Feinden (Weißkopfseeadler, Coyote, Hai) dienen
oder auf einen Mangel an ausreichend guten Ruheplätzen hinweisen. Neben
Primaten und Cetaceen sind Otter die einzigen Säugetiere, die regelmäßig
und individuell unterschiedlich von Werkzeugen Gebrauch machen. Sie suchen
sich einen Stein, ein Stück Glas o.ä. und verwenden diesen Gegenstand als
eine Art Hammer, Messer, etc. um an das schmackhafte Fleisch von
Invertebraten (Muscheln,Seeigeln...) zu gelangen. Es gibt nicht nur
individuellen Werkzeuggebrauch sondern auch individuelle
Nahrungspräfarenzen und Methoden der Nahrungsbeschaffung.
Zur
Fortpflanzung kommen weibliche Seeotter in der Regel ab ihrem 3.-4.
Lebensjahr. Während der Kopulation beißt das Männchen dem Weibchen in die
Nase, so daß dieses an den stark blutenden Wunden bzw. späteren Narben
noch lange individuell zu erkennen ist. Die Tragzeit dauert 4-5 Monate,
wobei eine 4monatige Phase der Blastozystenruhe eingeschoben werden kann.
Im Allgemeinen bringt das Weibchen nur 1 Jungtier zur Welt. Es besitzt
zwar zwei Zitzen, kann sich aber nur intensiv um einen Sprößling kümmern,
der bis zum 5.-8.(-12.) Lebensmonat von ihr versorgt wird. Die
Seeotter-Muttermilch ist wie bei den marinen Säugern besonders fettreich
und lactosearm.
Seeotter weisen einen ausgeprägten
Geschlechtsdimorphismus auf: Die Männchen sind 34% schwerer und 8% länger
als die Weibchen. Das Gewicht eines Seeotter schwankt demnach zwischen 20
und 40kg, die Länge zwischen 120 und 140cm.
Wie fast alle Otterarten wurden seit Mitte des 18. Jahrhunderts bis
ins 20. Jahrhundert hinein Seeotter extrem stark bejagt. Den weltweiten
Seeotterbestand schätzte man vor der intensiven Pelzjagd auf
300.000-1.000.000, heute leben insgesamt noch bzw. wieder ca. 150.000
Seeotter. Diese Zahl ist dem Schutz der Art seit 1911, intensiven
Forschungen und verschiedenen Wiederansiedlungsprojekten (von denen in den
50er und 60er Jahren viele leider scheiterten) zu verdanken. Dennoch sind
nahezu alle Otterarten weiterhin durch den Menschen (Habitatzerstörung,
Umweltbelastung/Toxine/Tankerunfälle, Verkehr, Reusen/Netze, illegaler
Abschuß,...) in ihrem Bestand gefährdet.
© 1996-2002 Wal und Mensch | J. Herrmann - http://www.cetacea.de - Mittwoch, 6. Februar 2002